- Personal für Kurier-, Express- und Paketfahrten dringend gesucht.
Immer mehr Menschen gehen auf digitale Shopping-Tour: Die Einkaufstüten tragen dann Zustellkräfte in Form von Umschlägen, Päckchen und Paketen an die Haustüre. Die Pandemie hat diesem Trend einen zusätzlichen Schub gegeben und die Personalsituation in der Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP) weiter verschärft. Bei der Personalsuche legen Arbeitgeber Wert auf zuverlässige und motivierte Kandidatinnen und Kandidaten, idealerweise mit berufspraktischen Erfahrungen und guten Deutschkenntnissen. Im Gegenzug drücken sie ein Auge zu, was formale Nachweise anbelangt, wie der aktuelle DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2021 zeigt. Dies eröffnet Quereinsteigern und Jobsuchenden ohne Ausbildung beste Chancen. Außerdem scheint sich in Sachen Zusatzleistungen etwas bewegt zu haben.
An ihrer zukünftigen Arbeitsstelle transportieren die gesuchten Mitarbeitenden am häufigsten Briefsendungen (38,6 %) sowie Zeitungen und Prospekte (27,7 %). In jeder vierten Jobbeschreibung werden explizit Pakete als Transportgut erwähnt. Neben der eigentlichen Zustelltätigkeit erwähnen etwa sechs von zehn Arbeitgebern Aufgaben bzw. praktische Erfahrungen, die sie von Bewerbenden erwarten (57,4 %).
Kenntnisse in der Ladungssicherung
Bei Mitarbeitenden achten sie insbesondere darauf, dass sie Fahrzeuge umsichtig beladen und die Waren sicher im Transportfahrzeug verstauen. Dementsprechend finden sich Kenntnisse in der Ladungssicherung an erster Stelle der gewünschten praktischen Erfahrungen. Kein Wunder: Defekte Waren verursachen Kosten und verärgern Kunden. Im hart umkämpften Markt können sich KEP-Dienstleister keine Imageverluste oder Unzuverlässigkeit leisten.
Das Sortieren von Sendungen wird in den Stellenbeschreibungen zwar nicht mehr ganz so oft erwähnt, dürfte aber weiterhin ein wichtiger Teil des Arbeitsalltags sein. Denn je sorgfältiger die Beschäftigten Paket- und Briefsendungen sortieren, desto reibungsloser verläuft der eng getaktete Zustellprozess.
Vergleichsweise selten wird Know-how im Umgang mit PC oder Scannern erwähnt. Vermutlich sind die Geräte mittlerweile oft intuitiv bedienbar. Viele KEP-Dienstleister haben zudem auf eine kontaktlose Übergabe umgestellt, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
Geringe Einstiegshürden
Die Fahrerlaubnis ist eine Grundvoraussetzung für den Beruf. Jeder zweite Arbeitgeber erwähnt explizit, dass Bewerbende einen Führerschein der Klasse B benötigen.
Immerhin 21 der gesuchten Fahrerinnen und Fahrer müssen zudem in der Lage sein, einen Lkw zu lenken.
Was formelle Berufsabschlüsse und Zertifikate betrifft, sind die Dienstleister großzügig: Nur für jede vierte Position verlangen sie überhaupt entsprechende Nachweise. Jobsuchende benötigen am häufigsten ein makelloses Führungszeugnis.
Der Wunsch nach einer Berufsausbildung findet sich nur selten in den Anforderungsprofilen.
Hin und wieder sollen die gesuchten Zustellkräfte eine Berufskraftfahrer-Ausbildung (3,4 %) mitbringen oder es sind Kaufleute für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen eingeladen, sich zu bewerben (2,9 %).
Personalabteilungen achten jedoch verstärkt auf die Sprachkenntnisse von Bewerbenden: In explizit drei von zehn Fällen müssen sie Deutsch in Wort und Schrift beherrschen (2017: 23,4 %). In anderen Fällen werden allgemein Deutschkenntnisse gewünscht (13,4 %). Damit reagieren Arbeitgeber offensichtlich auf die oft beklagte babylonische Sprachverwirrung an der Haustüre.
Soft-Skill-Klassiker bleiben wichtig
Zuverlässig, belastbar und motiviert – so kann man die Idealvorstellung der Persönlichkeit von Zustellkräften zusammenfassen. Diese Soft Skills finden sich, mit Ausnahme von Motivation, jedoch seltener in den Offerten als in der Vergangenheit. Auch die Gewichtung hat sich teilweise verändert: Körperliche Belastbarkeit steht zum Beispiel nicht mehr ganz so stark im Vordergrund. Vermutlich gehen Recruiting-Abteilungen davon aus, dass die Stressfaktoren des Berufs hinlänglich bekannt sind und möchten diesen Punkt nicht zusätzlich strapazieren und damit womöglich Interessierte von einer Bewerbung abhalten.
Ein positives Erscheinungsbild, gute Umgangsformen sowie Dienstleistungsorientierung sind als Anforderung in den Jobangeboten ebenfalls nicht mehr ganz so oft zu finden. Dennoch ist davon auszugehen, dass Arbeitgeber bei ihren Mitarbeitenden weiterhin auf diese Merkmale achten. Eventuell werden sie heute eher unter dem Stichwort „Verantwortungsbewusstsein und Professionalität“ subsumiert.
Womit Arbeitgeber locken
In der Pandemie wurden Paketboten oft als systemrelevant bezeichnet. Aber spiegelt sich dies auch in verbesserten Rahmenbedingungen wider? Es deutet manches darauf hin: Häufiger als in der Vergangenheit scheint es einen gewissen Verhandlungsspielraum in puncto Gehalt zu geben, wie die Aussage „Bezahlung nach Vereinbarung“ zeigt (2021: 17,1 % vs. 2017: 4,3 %). Außerdem machen sich eine Ausbildung oder einschlägige Berufspraxis auf dem Lohnzettel bemerkbar: Gut jeder zehnte Arbeitgeber honoriert berufsspezifische Fähigkeiten sowie besonderen Einsatz (2017: 4,7 %). Bei den Zusatz- leistungen hat sich ebenfalls etwas getan, so bekommt zum Beispiel gut jeder fünfte Beschäftigte seine Arbeitskleidung gestellt (2017: 5,8 %). Auch Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld sind nun verbreiteter.
„In unserer Analyse finden sich Hinweise, dass Arbeitgeber auf den leergefegten Bewerbermarkt reagieren“, sagt Katrin Haupt, Geschäftsführerin der DEKRA Akademie. „Sie haben formale Hürden weiter gesenkt, legen bei Jobsuchenden aber dennoch Wert auf einen Mindeststandard in Bezug auf Soft Skills oder Deutschkenntnisse. Und nicht zuletzt scheint sich im Bereich der Vergütung und Zusatzleistungen etwas bewegt zu haben.“
Der DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2021 steht als pdf zur Verfügung unter
www.dekra-akademie. de/dekra-arbeitsmarkt-report