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ADAC / TÜV Rheinland: Truck Symposium

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Ein Dialog im Zeichen der Nachhaltigkeit (v. l.): Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Vorstandssprecher Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung), Dr. Matthias Schubert (Executive Vice President Mobility, TÜV Rheinland Group), Prof. Dr. Peter König (Vorstand Verkehr und Technik ADAC Mittelrhein e.V.), Dr. Michael Nutto (PTV Logistics), Prof. Dr. phil. Dirk Lohre (Hochschule Heilbronn), Dr. Klaus Manns (Ehrenvorsitzender ADAC Mittelrhein e.V.), Gerhard Hillebrand (ADAC Verkehrspräsident), Karsten Schulze (ADAC Technikpräsident), Dr.-Ing. Stephan Schnorpfeil (SEGULA Technologies), Denis Bischof (Stadtwerke Bonn), Rudi Speich (Vorsitzender ADAC Mittelrhein e.V.), Marco Lietz (Neste Germany) und Ralf Strunk (Geschäftsführer TÜV Rheinland Kraftfahrt)
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Aktuelle Themen der Transportbranche standen im Mittelpunkt des 17. Truck Symposiums, das der ADAC Mittelrhein und TÜV Rheinland im Rahmen des Internationalen ADAC Truck-Grand-Prix am Nürburgring ausrichteten.

124 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden, Behörden, Politik und Medien tauschten sich zu den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Transportbranche aus.

Als Ergebnis der Fachvorträge und Diskussionen formulierten die Experten folgende sechs Empfehlungen und Forderungen für die Transport- und Logistikbranche:

1. Mauterhöhung pausieren lassen

Zum 01.12.2023 wurden die Maut CO2-Emissionsklassen als neues Tarifmerkmal eingeführt und zugleich wurde diese Abgabe auf Lkw ab 3,5 t zul. Gesamtmasse erweitert. Im Rahmen der Lkw-Maut wird nun ein CO2-Aufschlag pro Tonne CO2 erhoben. Damit beabsichtigt die Politik, eine Lenkungswirkung im Transportmarkt zu erreichen – weg von Diesel-Lkw, hin zu mautbefreiten batterieelektrischen und Brennstoffzellen-Lkw, die bis Ende 2025 vom CO2-Aufschlag freigestellt sind.
Gleichzeitig befindet sich die Fahrzeugindus­trie jedoch bestenfalls am Produktionsstart von emissionslosen Lkw – es gibt schlicht noch kein quantitativ ernstzunehmendes Angebot an emissionslosen Nutzfahrzeugen, auf das Fuhr­unternehmer zugreifen können. Die gedachte Lenkungswirkung verpufft also, die CO2-Maut wirkt nur als eine Mauterhöhung, der der Unter­nehmer nicht ausweichen kann.

Hinzu kommt, dass der Anteil des Verkehrs­etats, der durch die Maut bestritten wird, immer weiter ansteigt und sie nicht einmal insgesamt in den Verkehrsetat fließt, sondern ein nicht unerheblicher Anteil für allgemeine Zwecke missbraucht wird. De facto steht für die Politik also – ent­gegen den Versprechungen bei Einführung – die Maut als allgemeine Einnahmequelle im Vordergrund, nicht mehr das Generieren zusätzlicher Mittel für die Straßeninfrastruktur oder eine geeignete Lenkungswirkung.
Notwendig ist es daher, diesen Baustein der Lkw-Maut auszusetzen, bis genügend Lkw mit emissionslosem Antrieb auf dem Markt verfügbar sind. Zugleich ist die CO2-Mautbefreiung für emissionslose Lkw bis Ende 2025 zu kurz gegriffen, da sich bis dahin die Marktsituation nicht entspannt haben wird.

2. Schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur für batteriegetriebene und Wasserstoff-Lkw

Zusätzlich zum batterieelektrischen Antrieb wird die Wasserstofftechnologie für Nutzfahrzeuge immer wichtiger, sowohl per Brennstoffzelle als auch als Wasserstoff-Verbrenner-Motor.
Parallel zum Anlaufen der Fahrzeugproduktion von batteriegetriebenen und Wasserstoff-Lkw muss daher das Ladenetz mit Schnellladesystemen (400 kW und mehr) bzw. Wasserstofftankstellen in der Fläche beschleunigt auf- und ausgebaut werden, damit Unternehmen mit derartigen Fahrzeugen in ihrer Flotte überhaupt ihre Transportaufgaben bewältigen können.

Dazu gehört auch, das diesbezügliche Planungsrecht zu verschlanken und die bauverzögernde
bzw. -erschwerende Genehmigungsbürokratie auf das Nötigste zu reduzieren. Nur so kann das Ziel, die Emissionen im Verkehr bis 2030 gegenüber 1990 um 48 % zu reduzieren, überhaupt erreicht werden. Erst wenn ausreichende Ladeinfrastruktur absehbar ist, reicht die Planungssicherheit für Unternehmen aus.

3. Nicht nur die Anschaffung von emissionslosen Lkw, sondern auch die Umrüstung der Betriebshöfe und -abläufe muss finanziell gefördert werden.

Gerade in der aktuellen Anfangszeit sind batterieelektrische und Brennstoffzellen-Lkw aufgrund der noch geringen Produktionszahlen ein Vielfaches teurer als Diesel-Lkw. Irgendwann wird voraussichtlich bei den Anschaffungspreisen für Null-Emissions-Lkw eine Kostenparität zu Diesel-Lkw gegeben sein.

Bis dahin muss die Fahrzeugbeschaffung finan­ziell weiter wie bisher gefördert bzw. die Mehrkosten kompensiert werden. Pläne, die Förderung von emissionsfreien Fahrzeugen einzustellen, stehen dem Bestreben, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten, kontraproduktiv gegenüber.

Auch Betriebshöfe lassen sich nicht von heute auf morgen auf E-Mobilität umrüsten, zumal hier oft auch (bau)planungsrechtliche Belange berührt sind. Auch dieser Teil der Umstellung benötigt Zeit und kostet erhebliche Investitionsmittel. Ohne staatliche Förderung auch bei der Umrüstung der Betriebshöfe und der Ausbildung der Mitarbeiter (E-Mechatroniker) sowie der Weiterentwicklung von Fuhrpark­managementsystemen wird sich die E-Mobilität im Güterkraftverkehr nicht oder nur sehr langsam umsetzen lassen.

Darüber hinaus sind Investitionen in Betriebs­abläufe erforderlich, insbesondere in auf neue Antriebsarten abgestimmte Tourenplanungen einschließlich entsprechender komplexer Software. Gerade für kleine Unternehmen, die auch als Subunternehmer unverzichtbar sind, ist dies schwer zu stemmen, nicht nur in der Beschaffung, sondern auch in der Personalqualifizierung.

Hier dürfen politische Wünsche nicht bedenkenlos auf Kosten der Branche vorgegeben werden, zumal angesichts des derzeitigen Strom-Mixes in Deutschland die CO2-Emissionen Diesel-betriebener und batterie-elektrischer Fahrzeuge pro kWh in etwa gleich sind. Die schlechtere Ökobilanz der Fahrzeugherstellung bei Batterie-elektrischen Fahrzeugen noch nicht eingerechnet.

4. Staubedingte CO2-Emissionen in der Transportlogistik weiter reduzieren

Stauverkehre sind ein richtiger Emissions-Hot­spot! Länder und Kommunen haben es schon jetzt in der Hand mitzuhelfen, Emissionen durch verkehrssteuernde Maßnahmen zumindest inner­städtisch weiter zu reduzieren.

Nachtbelieferung mit geräuscharmen Fahrzeugen in der innerstädtischen Transportlogistik, Einführung von Mikro-Hubs in Städten und verstärkte Einrichtung von Ladezonen helfen, den innerstädtischen Verkehr zu entlasten und damit Emissionen einzusparen. Durch erleichterte Zulieferregelungen für
E-Fahrzeuge (24 Stunden Lieferzeit) können Kommunen zudem zusätzliche Anreize bieten, auf emissionslose Fahrzeuge umzusteigen.

Im Fernverkehr ist (neben dem Umstieg auf E-Fahrzeuge) eine verbesserte Verkehrs- und Baustellenleitung ein Ansatz, um emissionsfördernde Staus zu vermeiden. Hier kann auch der Ausbau der Car2Car-Kommunikation bzw. Car2X-Kommunikation den Verkehr flüssiger halten.

5. Investitionen in die Straßeninfrastruktur dienen auch dem Umweltschutz.

Beständige Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen einen flüssigen und stauarmen Straßengüterverkehr und verhindern so vermeidbare, zusätzliche Emissionen. Marode Straßenabschnitte und Brücken führen dazu, dass der Verkehr weiträumig, oft für mehrere Jahre umgeleitet werden muss. Längere Fahrstrecken auf teils überlasteten Nebenstrecken mit zu geringer Kapazität erhöhen die Belastungen für Umwelt und Anwohner.

Rechtzeitige Planung und Durchführung, vor allem aber ausreichende Finanzierung von anstehenden Instandsetzungen oder Ersatzbauten mindern die Verkehrsbelastungen, vermeiden zusätzliche Emissionen und dienen daher ebenfalls dem Umweltschutz.

6. HVO leistet einen signifikanten ­Klimaschutzbeitrag. Das ist auch im Rahmen der Lkw-Mauterhebung zu berücksichtigen.

Über den Lebenszyklus betrachtet, entsteht bei HVO-Treibstoffen aus Pflanzenöl gegenüber herkömmlichem Mineralöl-Diesel 90 % weni­ger Emissionen, da die bei der Verbrennung freigesetzten CO2-Emissionen der Menge entsprechen, die die erneuerbaren Rohstoffe zuvor aufgenommen haben.

HVO 100 ist kompatibel zu allen Dieselmotoren und der bestehenden Dieselinfrastruktur. Für diesen Kraftstoff bedarf es also keinerlei Investitionen in die Motoren- und Tankstellentechnik, so dass er auch von daher nachhaltig und umweltfreundlich ist. Auch die Bahn stellt derzeit im Rahmen ihrer Ökologisierung verstärkt auf HVO um.

Hinreichend große Mengen HVO sind marktverfügbar, um einen relevanten Klimaschutzbeitrag im Straßenverkehr zu leisten – als umweltfreundliche Übergangsalternative für einen sofortigen Klimaschutz-Beitrag innerhalb der Bestandsflotte, bis Elektro- und Brennstoffzellen-Lkw in ausreichender Menge auf dem Markt verfügbar sind.

Mit einem verbesserten Angebot würde sich der noch relativ leicht erhöhte Preis je Liter HVO dem des bisherigen Dieseltreibstoffes weiter angleichen.

Wenn die Politik es mit der Lenkungswirkung der Lkw-Maut hin zur Reduzierung von CO2-Emissionen ernst meint, muss sie HVO als ökologischen Beitrag im Rahmen der Mauterhebung berücksichtigen.

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