Mit der Einführung des Smart Tachographen bzw. Intelligenten Fahrtenschreibers, dessen Einbau in nachweispflichtigen Fahrzeugen seit dem 15. 6. 2019 vorgeschrieben ist, wurden zwei völlig neue und wichtige Funktionen eingeführt, die im nachfolgenden näher beschrieben werden.
Die gesetzlichen Regelungen dazu sind der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2016 und der Fortschreibung als Teil des sogenannten Mobilitätspakets, Verordnung (EU) 2020/1054 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
15. Juli 2020 sowie des dazu ergangenen technischen Anhangs zu entnehmen.
Die Erwägungsgründe der Verordnung (EU) Nr. 165/ 2014 führen hierzu an:
Nr. 7: Die Verwendung von Fahrtenschreibern, die an ein globales Satellitennavigationssystem angebunden sind, ist ein geeignetes und kostengünstiges Mittel für die automatische Aufzeichnung des Standorts des Fahrzeugs an bestimmten Punkten während der täglichen Arbeitszeit zur Unterstützung der Kontrolleure bei ihren Kontrollen und sollte daher eingeführt werden.
Nr. 9: Die Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Durchführung einer bestimmten Mindestzahl von Straßenkontrollen. Die Fernkommunikation zwischen dem Fahrtenschreiber und Kontrollbehörden zu Straßenkontrollzwecken erleichtert die Durchführung gezielter Straßenkontrollen; sie ermöglicht eine Verringerung der Verwaltungslasten, die durch stichprobenartige Überprüfungen der Verkehrsunternehmen entstehen, und sollte daher eingeführt werden.
Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 Aufzeichnung des Fahrzeugstandorts an bestimmten Punkten bzw. Zeitpunkten während der täglichen Arbeitszeit
(1) Um die Überprüfung der Einhaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu erleichtern, wird der Standort des Fahrzeugs an folgenden Punkten oder am nächstgelegenen Ort, an dem das Satellitensignal verfügbar ist, automatisch aufgezeichnet:
- Standort zu Beginn der täglichen Arbeitszeit
- jedes Mal, wenn das Fahrzeug die Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet
- bei jeder Be- oder Entladung des Fahrzeugs (sofern die Technik dies ermöglicht, 21.8.2023)
- nach jeweils drei Stunden kumulierter Lenkzeit und
- Standort am Ende der täglichen Arbeitszeit.
Seit dem 2.2.2022 ist das Fahrpersonal (bei allen zur Zeit eingebauten digitalen und intelligenten Fahrtenschreibern) verpflichtet jede Grenzüberfahrt im Anschluss am nächstmöglichen Haltepunkt zu erfassen. Dies geschieht (ausschließlich) durch die Funktion „Beginn Land“ und Eingabe des Staates, in welchen gerade eingefahren wurde.
Um die Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften durch die Kontrollbehörden zukünftig zu erleichtern, wird die nächste Version des intelligenten Fahrtenschreibers angeben, ob das Fahrzeug für die Beförderung von Gütern oder Personen eingesetzt wurde. Dieser rein technische Hinweis wird im Vorgriff im neuen Fahrtenschreiber dargestellt; für den Fall, dass zukünftig abweichende Lenkzeit-Regelungen im Güter- und Personenverkehr festgelegt werden.
Weshalb hat der Gesetzgeber die Aufzeichnung des Fahrzeugstandorts vorgeschrieben?
Hierzu gibt es mehrere Gründe. Zu den Wichtigsten zählen:
Neuregelung der Kabotage und Einführung der sogenannten „Cooling Off“ Phase:
Kraftverkehrsunternehmen dürfen innerhalb von vier Tagen nach Ende ihrer Kabotagebeförderung in einem Mitgliedstaat keine Kabotagebeförderungen mit demselben Fahrzeug oder im Fall einer Fahrzeugkombination mit dem Kraftfahrzeug desselben Fahrzeugs im selben Mitgliedstaat durchführen.
Rückkehrpflicht des Fahrzeugs:
Ein Unternehmer muss im Niederlassungsmitgliedstaat die Nutzung seiner Fahrzeugflotte so organisieren, dass sichergestellt ist, dass Fahrzeuge, die dem Unternehmen zur Verfügung stehen und in der grenzüberschreitenden Beförderung eingesetzt werden, spätestens acht Wochen nach Verlassen des Mitgliedstaats zu einer der Betriebsstätten in diesem Mitgliedstaat zurückkehren.
Das Recht des Fahrers auf Rückkehr:
Verkehrsunternehmen planen die Arbeit der Fahrer so, dass jeder Fahrer in der Lage ist, innerhalb jedes Zeitraums von vier aufeinanderfolgenden Wochen zu der im Mitgliedstaat der Niederlassung des Arbeitgebers gelegenen Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Fahrer normalerweise zugeordnet ist und an der er seine wöchentliche Ruhezeit beginnt, oder zu seinem Wohnsitz zurückzukehren, um dort mindestens eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit oder eine wöchentliche Ruhezeit von mehr als 45 Stunden als Ausgleich für eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit zu verbringen.
Hinzu kommen weitere Aspekte wie beispielsweise das Verbot des Verbringens der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit im Fahrzeug, die Regelungen zur Entsendung von Kraftfahren und vieles mehr.
Wichtige Anmerkung:
In Neufahrzeugen ist spätestens ab dem 21.8.2023 die nächste Version des Intelligenten Fahrtenschreibers (Generation 2, Version 2) einzubauen. Dieser erkennt den Grenzübertritt automatisch und ist technisch in der Lage, die Be- und/oder Entladung, durch den Fahrer zu erfassen.
Spätestens zum 1.1.2025 müssen Fahrzeuge, die grenzüberschreitende Beförderungen durchführen und bislang mit einem analogen Fahrtenschreiber (Tachoscheibe) oder einem digitalen Fahrtenschreiber der Generation 1 ausgerüstet waren (VDO bis einschließlich Rel. 3.0; Stoneridge bis einschließlich Rev. 7.6), auf den neusten Fahrtenschreiber der Generation 2, Version 2, umgerüstet werden.
Spätestens zum 19.8.2025 müssen Fahrzeuge, die grenzüberschreitende Beförderungen durchführen und mit dem momentan verbauten Intelligenten Fahrtenschreiber der Version 1 ausgerüstet waren, auf den neusten Fahrtenschreiber der Generation 2, Version 2, umgerüstet werden.
Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 Früherkennung von möglicher Manipulation oder möglichem Missbrauch per Fernkommunikation
(1) Um den zuständigen Kontrollbehörden gezielte Straßenkontrollen zu erleichtern, muss der Fahrtenschreiber, der in Fahrzeugen eingebaut ist, die 36 Monate nach Inkrafttreten der Einzelvorschriften gemäß Artikel 11 erstmals zugelassen worden sind (ab 15.6.2019), fähig sein, mit diesen Behörden zu kommunizieren, während sich das Fahrzeug in Bewegung befindet.
(3) Die Kommunikation mit dem Fahrtenschreiber gemäß Absatz 1 darf nur auf Veranlassung des Prüfgeräts der Kontrollbehörden aufgenommen werden. Sie muss gesichert erfolgen, um die Datenintegrität und die Authentifizierung des Kontrollgeräts und des Prüfgeräts sicherzustellen. Der Zugang zu den übertragenen Daten ist auf die Kontrollbehörden beschränkt, die ermächtigt sind, Verstöße gegen die in Artikel 7 Absatz 1 genannten Rechtsakte der Union und gegen die vorliegende Verordnung zu überprüfen, und auf Werkstätten, soweit ein Zugang für die Überprüfung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Fahrtenschreibers erforderlich ist.
(4) Bei der Kommunikation dürfen nur Daten übertragen werden, die für die Zwecke der gezielten Straßenkontrolle von Fahrzeugen notwendig sind, deren Fahrtenschreiber mutmaßlich manipuliert oder missbraucht wurde.
Diese Daten müssen sich auf folgende vom Fahrtenschreiber aufgezeichnete Ereignisse oder Daten beziehen:
- letzter Versuch einer Sicherheitsverletzung,
- längste Unterbrechung der Stromversorgung,
- Sensorstörung,
- Datenfehler Weg und Geschwindigkeit,
- Datenkonflikt Fahrzeugbewegung,
- Fahren ohne gültige Karte,
- Einstecken der Karte während des Lenkens,
- Zeiteinstellungsdaten,
- Kalibrierungsdaten einschließlich des Datums der zwei letzten Kalibrierungen,
- amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
- vom Fahrtenschreiber aufgezeichnete Geschwindigkeit,
- Überschreitung der maximalen Lenkzeit.
(5) Die übertragenen Daten dürfen nur dazu verwendet werden, die Einhaltung dieser Verordnung zu überprüfen. Sie dürfen nur an Behörden, die die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten kontrollieren, und an Justizbehörden im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens übermittelt werden.
(6) Die Daten werden von den Kontrollbehörden nur für die Dauer einer Straßenkontrolle gespeichert und spätestens drei Stunden nach ihrer Übermittlung gelöscht, es sei denn, die Daten lassen eine Manipulation oder einen Missbrauch des Fahrtenschreibers vermuten.
Bestätigt sich der Verdacht einer Manipulation oder eines Missbrauchs im Laufe der anschließenden Straßenkontrolle nicht, so werden die übertragenen Daten gelöscht.
(8) Eine Fernkommunikation zur Früherkennung der Art, wie sie in dem vorliegenden Artikel beschrieben wird, führt in keinem Fall zu automatischen Geldbußen oder Zwangsgeldern für den Fahrer oder das Unternehmen.
Die zuständige Kontrollbehörde kann aufgrund der ausgetauschten Daten entscheiden, eine Überprüfung des Fahrzeugs und des Fahrtenschreibers durchzuführen.
Weshalb hat der Gesetzgeber die Aufzeichnung die Fernauslese vorgeschrieben?
Getreu dem Motto „Qualität statt Quantität“ geht es dem Gesetzgeber darum die sogenannten „schwarzen Schafe“ besser zu erkennen und den ordnungskonform handelnden Nutzfahrzeugführern eine Straßenkontrolle zu ersparen. Ein Stopp ist damit in der Regel nur im Verdachtsfall notwendig, was die Kontrolle für alle Betroffenen effizienter macht.
Dabei wurden primär sicherheitsverletzende Parameter gelistet, die den Anfangsverdacht auf eine Manipulation zulassen.
Ziel und Zweck ist also die reine Vorselektion, der im Falle eines positiven Ergebnisses immer eine „faktische Echtkontrolle“ mit Prüfung des „Vorergebnisses“ folgen muss.
Anmerkung:
Durch die Modifizierungen der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 (geregelt in Artikel 2 Nummer 6 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2020/1054) wird auch die „Überschreitung der maximalen Lenkzeit“ fernausgelesen.
Mit der Einführung der nächsten Fahrtenschreiberversion (Generation 2, Version 2, ab 21.8.2023) werden dann weitere Parameter überprüft:
- Lenkzeitblock von 4,5 Stunden
- Tägliche Lenkzeit
- Wöchentliche Lenkzeit
- Lenkzeit im Zweiwochenzeitraum (Doppelwoche).
Quellen
Willy Dittmann / Jörg Eiden / Sven Kilian